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Der Knabe will nicht erwachsen werden

Aktualisiert: 12. Apr.



Der Junge und die Rabenfrau - ein Märchen

Als der Junge friedlich in seinem Bett ruhte, begab sich die Rabenfrau eines stürmischen Winterabends ebenfalls frühzeitig zu Bette, in dicke Daunen gehüllt, und fiel alsbald in tiefen Schlummer.

Es verging nicht viel Zeit, da drangen plötzlich trippelnde Schritte an ihr Ohr und sie sah einen riesenhaften Schatten im Mondlicht stehen. “Mutter,” klagte der Schatten, ich habe Durst. So großen Durst. Und Hunger, als wäre ich ein Bär.“ “Sohn, du bist alt genug, um alleine in die Küche zu finden.” erwiderte sie schlaftrunken.

Doch da er keinerlei Anstalten machte, sich zu rühren, im Gegenteil, sich an ihr Bettzeug klammerte, und jammernd fortfuhr: Mutter, ich fürchte mich doch so im Dunkeln..

Da erhob sich die Rabenfrau seufzend aus ihren Daunen und erschrak sogleich zutiefst, da der Junge in einer Nacht so groß gewachsen schien, dass er sie um Haupteslänge überragte. Seine Hose sei zudem zu klein und er müsse sich dringend erleichtern, greinte er, er finde aber sein Nachtgeschirr nicht.

Da nahm sie ihn bei der Hand, obwohl sie die Furcht gepackt hatte und fand an der Herdstelle statt der Kelle und Trinkgefäße ein kleines Fläschchen mit einem seltsam anmutenden Verschluss und aus Glas, das sie sonst nur von Kirchenfenstern kannte. Der Junge strahlte jedoch und ergriff das Fläschchen mit einem Schmatzen, leerte es in einem Zug und sah sie erwartungsvoll an; jetzt müsse sie ihn aber auch wickeln, denn es pressiere arg.

Er setzte sich auf einen der Holzstühle und ruderte mit Armen und Beinen, bis er in der Küche mit dem Stuhl herumfuhr und mit Kelle und Löffel lautstark auf den Tisch schlug. Jetzt, sofort musst du mich wickeln, ich befehle es dir, rief er, hantierte immer lauter und in einem grauslichen Stakkato mit seinem Werkzeug und hieb auf die Möbel ein.

Entsetzt floh die Rabenfrau aus der Küche, in den Gang und schloss hektisch dir Tür zum Gärtchen auf, in der Hoffnung, die Reinkarnation des Bösen mochte ihr nicht folgen. Indes, die schweren Schritte holten sie immer mehr ein, und in der Dunkelheit stolperte sie und schlug der Länge nach hin. Weiche von mir, Dämon, rief sie und tastete nach dem Kreuz, das sonst an ihrem Hals hing. Doch polternd stand das Riesenbaby neben und greinte wieder, diesmal drohender: "So gib mir endlich die Windel, oder ich mach dich auf der Stelle nass, ganz nass, du wirst sehen, und du schwimmst davon und warst nimmermehr gesehen."

Sie konnte sich aus seiner Umklammerung nicht befreien und rief laut um Hilfe, doch schon war der zahnlose Mund über ihr, aus dem die Milchfäden liefen. Da hörte sie einen lauten Schrei, war der Dämon endlich zur Hölle gefahren? Sie schrak auf und gewahrte, dass es ihr eigener gewesen und sie aus einem Alp erwacht war und sie sich in den Daunen verfangen hatte. Einige Zeit verging, ehe sie sich zurechtfand, aber der Mond schien wie ehedem, und kein Schatten verdunkelte ihn. Sie raffte ihr schweißnasses Nachtgewand und eilte barfuß zur Schlafstatt des Knaben, doch dieser schlummerte selig mit roten Bäckchen und einem Daumen im Mund.

Da strich sie ihm erleichtert über sein blondes Haupt, dankte den Göttern und verfluchte den Dämon, der ihr nachts diesen finsteren Alp beschert hatte…


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Kontakt: Lady Aislinn

email: LadyAislinn@women-at-work.org

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