Weihnachten von anno dazumal
- Lady Aislinn

- 2. Dez.
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Aktualisiert: 3. Dez.

Es gab Schnee. Es gab so viel Schnee, dass wir Kinder bis zum Bauchnabel darin versanken. Drei Mal am Tag wurde geschaufelt, ehe es zum wärmenden Punsch ging.
Es gab eine Großmutter, die viele duftende Kekse buk, Vanille-Kipferln, Ingwerbäckerei, Bärentatzen in kleinen Förmchen aus Metall und noch mehr Süßkram.
Mutti kreierte einen Orangenpunsch mit ein wenig Rum, und es duftete nach Mürbteig-Gebäck, denn sie stand der Omi in Sachen Backen um nichts nach.
Der Weihnachtsmann kam im Schlitten und nicht im Cola-LKW. Nein, es kam eigentlich das Christkind, und der Krampus war noch relativ harmlos.
Es gab keine Flutkatastrophen irgendwo draußen in der Welt, keine sinnlosen Kriege und nur zwei Fernseh-Sender. Wir waren unterwegs im Wald mit kalten Nasen und klammen Fingern, bauten Schneehöhlen und tippten und wischten nicht am Smartphone. Wollte man von auswärts daheim kurz Bescheid geben, musste man eine Telefonzelle bemühen, in der es meistens grausig stank und man Kleingeld benötigte. Trotzdem gingen wir nie verloren. Im Gegenzug stand das berühmte Vierteltelefon im heimatlichen Vorzimmer, und man kam nur gleich durch, wenn man den Notruf betätigte. Weil Nachbars Töchterlein so lange mit ihrem Angebeteten redete, und das meistens an den Feiertagen.
Wir freuten uns auf die Adventszeit, durften von den Keksen erst am Weihnachtsabend naschen und bekamen keine Lebkuchen schon im August. Pakete brachte die Post nicht von Amazon, sondern von der Tante in Wien, und das nicht immer rechtzeitig.
Vati holte den Christbaum, Mutti und Gabi wickelten Schokolade in Papier als Baumschmuck, und dann sangen alle, inklusive Omi, nach Erklingen des Glöckchens die altbekannten Weihnachtslieder. Omi sang etwas falsch, hörte es jedoch wahrscheinlich selbst gar nicht. Der Kater Felix mochte die Singerei nicht und verzog sich. Ich hingegen musste mir das Lachen verkneifen, so ich nicht auf der Blockflöte die Begleitmelodie (meist fast fehlerfrei) intonierte. Halbfertig gebastelte Geschenke überreichte ich Muttern mit etwas mulmigem Gefühl, weil sie fertig nähen oder stricken musste. Omi wusste, sie bekam Badesalz, weil es in ihrem Packerl rasselte.
Der vorweihnachtliche Kommerz hielt sich in Grenzen, auch weil es in den 70er und 80er Jahren nur im Advent spezielle lange Einkaufssamstage gab. (Davor nur am ersten Samstag im Monat). Amseln wurden von mir schon damals auf dem Balkon gefüttert, und von der Haustür aus ging es mit der Rodel bergab zum lokalen Greißler, ohne Helm oder Schutzausrüstung. Ich musste ein "halbes Kärntner-Lackner" besorgen und sagte es mir auf dem Weg hundert Mal vor, damit ich auch das richtige Brot heimbrachte. (Leider gibt es die Bäckerei schon lange nicht mehr).
Der Pflug war beinahe nicht vernehmbar, weil die tiefen Wolken und der waagrechte Schneefall alles einhüllten und dämpften. Es rieselte, ganz sachte und leise, wenn man genau hinhörte.
Ich glaube, damals hatte man noch Zeit dafür.
Zeit für Dunkelheit, Frieden und Einkehr.


